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Baumstriezel |
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Das Burzenland als Wiege des Baumstriezels
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![]() Abb. 1 Baumstriezelbacken vor dem Backofen in Neustadt |
Baumstriezel ist aber ein „technisches“ Gebäck d. h. er kann nur mit Hilfe von technischen Vorrichtungen gebacken werden. Dieses Backverfahren hat sich im Laufe der Zeit entwickelt und immer mehr verbessert und vervollständigt. |
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![]() Abb. 2 Baumstriezelbackgerät mit Kohle wie es im Burzenland verwendet wurde |
Auf jedem Bauernhof im Burzenland gab es einen gemauerten Backofen zum Brotbacken. Der Backofen wurde mit Holz beheizt. Vor dem Einschieben des Teiges wurde die restliche Kohlenglut vor die Ofentür geschoben. Die ersten Backvorrichtungen nutzten diese Glut als Wärmequelle. Das von Drechslern hergestellte Holz wurde auf zwei mit einer halbrunden Kerbe versehenen Ziegelsteinen vor dieser Glut von Hand gedreht. Später wurden die Ziegelsteine durch Halterungen aus Metall ersetzt. Das Holz war aus einem Stück mit langem Griff gedrechselt und wegen der Länge wurde es mit Baum bezeichnet. 1998 wurde in Neustadt noch auf diese Art Baumstriezel gebacken. |
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![]() Abb. 3a Klassisches Baumstriezelbacken in Waldkraiburg (Kohleglut seitlich) |
Der nächste Schritt waren dann die „Baumstriezelmaschinen“. Das waren Grillvorrichtungen aus Blech in Wannenform mit zwei seitlichen Halblagerschalen, auf denen das runde Backholz von Hand gedreht wurde. Durch Heben und Senken des Holzes wurde das regelmäßige Durchbacken erreicht. Der Teig wurde zuerst vorgebacken und danach über der Glut mit einer besonderen Bürste mit langem Stiel (wegen der Hitze) mit geschmolzener Butter eingeschmiert und mit einer gelochten Kelle Pulverzucker darauf gestreut. Unvermeidlich fiel Zucker auch in die Kohlenglut, der sofort wie eine Stichflamme verbrannte und oft schwarze Flecken auf dem Gebäck hinterließ. In einigen Orten wurde das Schmieren mittels eines Stofffähnchen getätigt. |
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![]() Abb. 3b Klassisches Baumstriezelbacken in Waldkraiburg (Kohleglut seitlich) |
Diese Backvorrichtungen wurden ohne nennenswerte technische Verbesserungen schätzungsweise über 90 Jahre lang benutzt. Zu erwähnen sei noch das Backen in der kommunistischen Zeit. Damals wurde der Weizen nicht geerntet, wenn er reif war, sondern wenn die Partei es befahl und das war oft noch in der Milchreife. Dementsprechend war auch das Mehl von minderwertiger Qualität, was dazu führte, dass der Teig vom Holz fiel und mit Bindedraht irgendwie befestigt werden musste. Um dem vorzubeugen wurde der Teig als Spirale auf das Holz aufgetragen und von Hand zusammen geklopft. Die Holzkohle musste vom Schmied besorgt werden und war nicht entgast, wie man sie heute als Grillkohle angeboten bekommt. Beim Verbrennen entstand das giftige Kohlenmonooxyd, welches bei den Beteiligten zu Kopfschmerzen führte. Das Backen machte so keinen Spaß mehr und dementsprechend wurde auch seltener Baumstriezel gebacken. In der Endphase des Ceausescu-Regimes gab es die Zutaten überhaupt nur noch auf Zuteilung in knapp begrenzten Mengen, so dass es sich niemand erlauben konnte, damit Baumstriezel zu backen. |
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![]() Abb. 4 Gasbeheiztes Backgerät mit vier Einheiten übereinander von Reinhard Tittes |
Anderes verlief die Entwicklung in Deutschland. Die Baumstriezelmaschinen herkömmlicher Art mit Grillkohle wurden mit Leichtigkeit nachgebaut. Die Zutaten gab es in ausgezeichneter Qualität. Einer der ersten nach dem Krieg, der so eine Vorrichtung hatte und damit Baumstriezel produzierte, war Martin Hubbes (Heldsdorf) aus München. |
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![]() Abb. 5 Gasbeheiztes Backgerät mit fünf Einheiten nebeneinander von Hans Depner |
Ab 1988 begann Reinhard Tittes aus Waldkraiburg zu basteln und zu experimentieren. Sein Konzept war, ein Gerät zu bauen, mit dem man bei Großveranstaltungen produktiv backen kann. Sein erstes Gerät war gasbeheizt mit zwei Holzwalzen zum Simultanbacken. Das erste Mal wurde das Drehen mittels umlaufenden Riemens mechanisiert. Danach hat Reinhard dieses Gerät noch vervollständigt und auf vier übereinander drehende Einheiten erweitert. Dazu kamen noch die Hilfseinrichtungen wie Abstellhalterungen, Drehvorrichtungen zum Schmieren usw. Er baute auch ein leicht auf- und abbaubares Häuschen, gut geeignet zum Backen auf Straßenfesten, Weihnachtsmärkten oder bei anderen Großveranstaltungen. |
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![]() Abb. 6 Schmiervorrichtung mit Farbroller |
Reinhard Tittes war ein Spezialist in Holzarbeiten. Blech-Schweiß- und Dreharbeiten für seine Konstruktionen verrichtete Hans Depner (Stuka) ebenfalls aus Waldkraiburg. |
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![]() Abb. 7 Elektrische Backgeräte mit D=12x30 cm Walze aus Nadelholz. Mit diesen Geräten kann in jeder Küche Baumstriezel gebacken werden. |
Dank dieser beiden Heldsdörfer ist der Baumstriezel vom Waldkraiburger Christkindlesmarkt nicht mehr wegzudenken. Unter der Regie von Herbert Liess mit spezialisierten Helferinnen und Helfern wird dort jedes Jahr Baumstriezel gebacken. Beide haben Geräte an die Kreisgruppe Heilbronn des Verbandes der Siebenbürger Sachsen geliefert, die dort bei den Veranstaltungen intensiv genutzt werden. Dort wurde schon Baumstriezel von 300 kg Teig gebacken und es war doch nicht ausreichend. |
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![]() Abb. 8 Walzen aus Nadelholz mit Drehaufnahme aus Hartholz |
In den 1960er Jahren wurde Deutschland von der „Wienerwald-Welle“ überrollt, d.h. gebratene Hähnchen wurden für den Massenverzehr entdeckt. Diesem Modetrend entsprechend reagierte die Industrie sofort. Alle namhaften Hersteller von elektrischen Küchengeräten produzierten Hähnchengrills, in denen meist zwei Hähnchen simultan -gebraten werden konnten. Fast jeder Haushalt verfügte damals über so eine Vorrichtung. Das Braten der Hähnchen hatte sich mit der Zeit gewandelt zu Großanlagen, die meist als Fahrzeugaufbauten oder Anhänger mobil sind. Die vorhandenen Kleingeräte wurden nicht mehr genutzt und wanderten zunächst in den Abstellraum. Dadurch entfiel auch das lästige Reinigen dieser Geräte nach deren Verwendung. Nachdem nun keine Nachfrage mehr bestand, stellte auch die Industrie ihre Produktion ein. |
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![]() Abb. 9 Zubehör 1. Ausdrehschablone 2. Backwalze aus Nadelholz 3. Warmhalteplatte für Schmiergut 4. Handschutz 5. Schere zum den Baumstriezel aufschneiden 6. Pinsel für Eiweiß 7. Pinsel für Schmiergut 8. Antirutschmatte 9. Stachelwalze |
Diese Geräte müssen aber technisch umgebaut werden. Nachdem die ersten Geräte erprobt und funktionsfähig waren, hat Martin Götz-Lurtz diese immer weiter entwickelt und perfektioniert. |
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![]() Technologien des Baumstriezel- backens: Abb. 10 Auswalken des Teiges auf der Ausdrehschablone |
-Die Walze muss leicht konisch und zentriert sein. |
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![]() Abb 11 Auftragen und Kleben |
-Schmiervorrichtung für Massenproduktion. Unter einer Drehvorrichtung ist eine trog ähnliche Mulde aus Edelstahl-Blech angebracht. In dieser Mulde wird das Schmiergut (Butter, Butaris, Butterschmalz) geschmolzen und mit einem elektrischen Heizstab warm gehalten. Durch Drehen des Holzes wird das Schmiergut mittels eines kleinen umfunktionierten Farbrollers auf den Teig aufgetragen. Zur Erwärmung des Schmiergutes können auch Teelichter verwendet werden. Bei kleinen Mengen kann das Gleiche mit einem breiten Malerpinsel gemacht werden. |
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![]() Abb. 12 Bearbeiten mit der Stachelwalze |
Mit dem Bau dieser Backgeräte hat Martin Götz-Lurtz dazu beigetragen, dass das Backen von Baumstriezel in kleinem Rahmen und in der häuslichen Küche möglich wurde. |
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![]() Abb 13 Glattrollen |
Der Baumstriezel ist aber auch kommerziell zu einem Massenprodukt geworden. Wenn man sich heute unter dem Stichwort Baumstriezel ins Internet einloggt, muss man staunen, was sich da alles tummelt. Der Trend geht zu kleinen und kleinsten Einheiten, die kaum noch Ähnlichkeit mit dem klassischen, mit der Schere aufgeschnittenen Baumstriezel haben. Auch die Backvorrichtungen sind diesem Trend angepasst. Es gibt inzwischen umgebaute Kebab-Öfen bis hin zu professionell oder fabrikmäßig hergestellte Backöfen, mit Gas oder mit Strom beheizt. Die Walzen zur Teigaufnahme sind oft aus Metall und überwiegend mit dem Dorn zur Aufnahme in die Halterung. Folgerichtig werden sie als Spieße bezeichnet. Die Drehung erfolgt meist durch Einrasten in eine Umlaufkette. Ein Abstampfen ist somit nicht möglich, ist aber auch bei der oft übertriebenen Konizität der Walzen nicht notwendig. Der ausgewalkte Teig wird in Streifen geschnitten und elikoidal aufgetragen. Dieses ist ein Relikt aus der kommunistischen Zeit, als auf diese Art das Abfallen des Teiges verhindert wurde. Dass der sowieso ausgewalkte Teig als Fläche aufgetragen und geklebt werden kann, ist anscheinend nicht bekannt. Um den ausgewalkten Teig in Streifen zu schneiden, gibt es Teigschneider mit bis zu vier Rollen. Es gibt aber auch Auswüchse wie das Bestreuen mit Zimt, Mandeln, Haselnüssen, Kokossplittern, Krokant, Mohn, Walnüssen, neulich sogar mit Schokolade, Käse und Schinken. Kann man das noch mit Baumstriezel bezeichnen? Rezepte zur Teigherstellung werden meist geheim gehalten. |
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![]() Abb. 14 Schmieren |
Geräte für den häuslichen Gebrauch, mit Hilfe derer in jeder Küche richtige Baumstriezel gebacken werden können, werden weiterhin gebaut. Informationen bei: |
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![]() Abb. 15 Zucker auftragen |
Zu dem Backgerät gibt es die Drehvorrichtung, um den aufgetragenen Teig zu bearbeiten; Ausdrehschablone um den Teig aufzutragen und zu kleben sowie sämtliche notwendigen Hilfen einschließlich Schere um den fertigen Baumstriezel aufschneiden. Zu jedem Gerät gehören zwei Walzen. Während auf einer gebacken wird, kann die andere vorbereitet werden, was ein zügiges Backen ermöglicht. Im Folgenden die Backtechnologie des Baumstriezels in der Küche anhand von Bildern. Eine Backeinweisung wird angeboten. |
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![]() Abb 16 Backen |
Karl-Heinz Brenndörfer |
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![]() Abb. 17 Fertiges Gebäck |
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