Das Burzenland als Wiege des Baumstriezels
Wenn das magische Wort Baumstriezel ausgesprochen wird, denken wir Burzenländer unwillkürlich an das wunderbare Gebäck, das uns in der Kindheit und auch als Erwachsene so sehr erfreute. Gebacken wurde damals nur bei großen oder besonderen Familienereignissen und das war relativ selten.
Dieses Gebäck hat seinen Ursprung im Burzenland, in Siebenbürgen, um die Zuckerfabrik Brenndorf. Es ist erst entstanden, nach dem der Zucker ein Massenherstellungsprodukt geworden war, also im Burzenland war das nach dem Bau der Zuckerfabrik Brenndorf (Bod) im Jahre 1889. Erst 1747 wurde der Zuckergehalt in der Runkelrübe entdeckt und dann hat es noch über 100 Jahre gedauert bis in Europa industriemäßig Zucker aus Rüben hergestellt wurde. Vorher gab es nur Rohrzucker und der war kaum erschwinglich.
Man kann annehmen oder spekulieren, dass am Anfang Teig auf einen Stock gesteckt, in Zucker getaucht und dann über dem Feuer gegrillt wurde, so wie wir als Kinder Speck über dem Feuer brieten. Die anderen Zutaten wie Mehl, Butter, Eier usw. kamen aus eigener Produktion, waren doch die überwältigende Mehrzahl unserer Vorfahren selbständige Landwirte. Auf jedem Bauernhof im Burzenland gab es Dienstpersonal, das in der Regel auf ein Jahr gedungen wurde. Diese Knechte und Mägde kamen fast ausschließlich aus dem angrenzenden Székler Gebiet. Diese haben dann den Baumstriezel in ihre Heimat mitgenommen, wo er unter der Bezeichnung Kürtöskolács bekannt ist. Im obigen Székler Gebiet wurden auch Zuckerrüben angebaut, folglich stand auch hier Zucker zur Verfügung.
Die erste urkundliche Erwähnung des Baumstriezels habe ich in einem siebenbürgischen Kochbuch aus dem Jahre 1895 unter der Bezeichnung Prügelkrapfen gefunden. Mit Prügel (österreichischer Sprachgebrauch) wurde das Backholz bezeichnet. Baumstriezel ist aber ein „technisches“ Gebäck d. h. er kann nur mit Hilfe von technischen Vorrichtungen gebacken werden. Dieses Backverfahren hat sich im Laufe der Zeit entwickelt und immer mehr verbessert und vervollständigt.
Auf jedem Bauernhof im Burzenland gab es einen gemauerten Backofen zum Brotbacken. Der Backofen wurde mit Holz beheizt. Vor dem Einschieben des Brotteiges wurde die restliche Kohlenglut vor die Ofentür geschoben. Die ersten Backvorrichtungen nutzten diese Glut als Wärmequelle. Das von Drechslern hergestellte Backholz wurde auf zwei mit einer halbrunden Kerbe versehenen Ziegelsteinen vor dieser Glut von Hand gedreht. Später wurden die Ziegelsteine durch Halterungen aus Metall ersetzt. Das Holz war aus einem Stück mit langem Griff gedrechselt und wegen der Länge wurde es mit Baum bezeichnet. 1998 wurde in Neustadt noch auf diese Art Baumstriezel gebacken. Richtig verbreitet hat sich das Baumstriezelbacken nach dem 1. Weltkrieg. In einigen Orten war es üblich, dass die Braut ein Backholz als Hochzeitsgeschenk bekam.
Der nächste Schritt waren dann die sogenannten Baumstriezelmaschinen. Das waren Grillvorrichtungen aus Blech in Wannenform mit zwei seitlichen Halblagerschalen, auf denen das runde Backholz von Hand gedreht wurde. Durch Heben und Senken des Holzes und die gleichmäßige Verteilung der Kohlenglut wurde das regelmäßige Durchbacken erreicht. Der Teig wurde zuerst vorgebacken und danach über der Glut mit einer besonderen Bürste mit langem Stiel (wegen der Hitze) mit geschmolzener Butter eingeschmiert und mit einer gelochten Kelle Pulverzucker darauf gestreut. Wenn Pulverzucker nicht verfügbar war, wurde er durch Zerdrücken von Würfelzucker mit einer Flasche auf einem Brett gemacht. Unvermeidlich fiel Zucker auch in die Kohlenglut, der sofort wie eine Stichflamme verbrannte und oft schwarze Flecken auf dem Gebäck hinterließ. In einigen Orten wurde das Schmieren mittels eines Stofffähnchen getätigt. Diese Backvorrichtungen wurden ohne nennenswerte technische Verbesserungen schätzungsweise über 90 Jahre lang benutzt.
Zu erwähnen sei noch das Backen in der kommunistischen Zeit. Damals wurde der Weizen nicht geerntet wenn er reif war, sondern wenn die Partei es befahl und das war oft noch in der Milchreife. Dementsprechend war auch das Mehl von minderwertiger Qualität, was dazu führte, dass der Teig vom Holz fiel und mit Bindedraht irgendwie befestigt werden musste. Um dem vorzubeugen wurde der Teig als Spirale auf das Holz aufgetragen und von Hand zusammen geklopft. Die Holzkohle wurde vom Schmied besorgt und beim Verbrennen entstand Kohlenmonooxyd, welches bei den Beteiligten zu Kopfschmerzen führte, wenn der Raum nicht ausreichend belüftet war oder im Freien gebacken wurde. In der Endphase des Ceausescu-Regimes gab es die Zutaten überhaupt nur noch auf Zuteilung in knapp begrenzten Mengen, so dass es sich niemand erlauben konnte, damit Baumstriezel zu backen.
Anderes verlief die Entwicklung in Deutschland. Die Baumstriezelmaschinen herkömmlicher Art mit Grillkohle wurden mit Leichtigkeit nachgebaut. Die Zutaten gab es in ausgezeichneter Qualität. Einer der ersten nach dem Krieg, der so eine Vorrichtung hatte und damit Baumstriezel produzierte, war Martin Hubbes (Heldsdorf) aus München.
Die Heldsdörfer waren schon damals Vorreiter im Baumstriezelbacken. Am Heimattag zu Pfingsten in Dinkelsbühl wurde im Garten des Gasthauses Roter Hahn Baumstriezel gebacken und zum Verkauf angeboten. Der Erlös ging meist für die Heimathilfe. Lange Zeit waren sie die Einzigen, die in Dinkelsbühl Baumstriezel anboten. Gebacken wurde mit Grillkohle beheizten Geräten, der Baum (die Holzwalze) wurde von Hand gedreht. Etwa 1983 ersetzte Guido Franz aus Nördlingen die Kohleheizung mit Gasheizung. Da aber Propan einen geringeren Heizwert hat als Kohle, musste die Wanne mit zwei Klappen geschlossen werden, um einen Hitzestau zu produzieren. Dieses wiederum behinderte die Sicht auf das Backgut. Mit diesem Gerät war aber der erste Schritt zur Modernisierung getan.
Ab 1988 begann Reinhard Tittes aus Waldkraiburg zu basteln und zu experimentieren. Sein Konzept war, ein Gerät zu bauen, mit dem man bei Großveranstaltungen produktiv backen kann. Sein erstes Gerät war gasbeheizt mit zwei Holzwalzen zum Simultanbacken. Das erste Mal wurde das Drehen mittels umlaufenden Riemens mechanisiert. Danach hat Reinhard dieses Gerät noch vervollständigt und auf vier übereinander drehende Einheiten erweitert. Dazu kamen noch die Hilfseinrichtungen wie Abstellhalterungen, Drehvorrichtungen zum Schmieren usw. Er baute auch ein leicht auf- und abbaubares Häuschen, gut geeignet zum Backen auf Straßenfesten, Weihnachtsmärkten oder bei anderen Großveranstaltungen.
Reinhard Tittes war ein Spezialist in Holzarbeiten. Blech-, Schweiß- und Dreharbeiten für seine Konstruktionen verrichtete Hans Depner (Stuka) ebenfalls aus Waldkraiburg. Er selbst baute gasbeheizte Anlagen mit zwei bis fünf waagerechten Einheiten, die er immer weiter verbesserte und perfektionierte.
Inzwischen hatten die Frauen auch herausgefunden, dass Kristallzucker durch Rollen des auf die Holzwalze aufgetragenen und eingeschmierten Teiges aufgetragen werden kann.
Dank dieser beiden Heldsdörfer ist der Baumstriezel vom Waldkraiburger Christkindlesmarkt nicht mehr wegzudenken. Beide haben Geräte an die Kreisgruppe Heilbronn des Verbandes der Siebenbürger Sachsen geliefert, die dort bei den Veranstaltungen intensiv genutzt werden. Dort wurde schon Baumstriezel von 300 kg Teig gebacken und es war doch nicht ausreichend.
Einen andern Weg beschritt Martin Götz-Lurtz. Sein Konzept war ein kompaktes, handliches Gerät für den Familiengebrauch zu bauen, mit dem in jeder Küche gebacken werden kann.
In den 1960er Jahren wurden gebratene Hähnchen für den Massenverzehr entdeckt. Diesem Trend entsprechend reagierte die Industrie sofort. Alle namhaften Hersteller von elektrischen Küchengeräten produzierten Hähnchengrills, in denen meist zwei Hähnchen simultan gebraten werden konnten. Fast jeder Haushalt verfügte damals über so eine Vorrichtung. Das Braten der Hähnchen hatte sich mit der Zeit zu Großanlagen gewandelt, die meist als Fahrzeugaufbauten oder Anhänger mobil sind. Die vorhandenen Kleingeräte wurden nicht mehr genutzt und wanderten zunächst in den Abstellraum. Dadurch entfiel auch das lästige Reinigen dieser Geräte nach deren Verwendung. Diese Grillvorrichtungen waren die Basis für die von Martin Götz-Lurtz entwickelten Baumstriezelmaschinen. Solche Hähnchengrills wurden nur noch als gebrauchte Geräte auf Floh- und Trödelmärkten angeboten. Diese ausschließlich zum Grillen von Hähnchen hergestellten Geräte wurden inzwischen weiter entwickelt und der Handel bietet sie heute als Kombi-Geräte genannt Backgrills an, mit denen auch Pizza und anderes Gebäck gebacken werden kann, oft auch kombiniert mit Mikrowelle.
In der ehemaligen DDR musste jeder größere Industriebetrieb auch ein Haushaltgerät herstellen. So gab es mindestens drei Betriebe die solche Broilergrills fabrizierten. Die müssen millionenfach hergestellt worden sein, denn es gab sie auch in Polen, Ungarn und Bulgarien und sogar im Westen wurden sie unter einem anderen Verkaufsnamen vertrieben.
Hauptsächlich diese 30-40 Jahre alten Geräte werden heute im Internet angeboten. Diese Geräte müssen aber technisch umgebaut werden. Einige der wichtigsten technischen Änderungen:
-Der Grill muss für die Aufnahme der Holzwalze anstelle des Spießes, auf dem die Hähnchen befestigt wurden, umgerüstet werden.
-Die Hähnchengrills haben alle eine Glastür, durch die das Braten der Hähnchen beobachtet werden konnte. Diese Glastüren einiger Hersteller haben oben einen freien Spalt. Dieser muss verschlossen werden, um das Entweichen der zum Backen benötigten Hitze zu unterbinden.
-Die Holzwalzen müssen an jedes Gerät genau angepasst werden.
Mit dem Bau dieser Backgeräte hat Martin Götz-Lurtz dazu beigetragen, dass das Backen von Baumstriezel in kleinem Rahmen und in der häuslichen Küche möglich wurde.
Reinhard Tittes, Hans Depner und Martin Götz-Lurtz waren ausgezeichnete Handwerker, die als Rentner ein ausgewogenes, sinnvolles Hobby betrieben. Die von ihnen entwickelten Geräte sind technisch ausgereift. Durch ihren Beitrag ist das Backen des Baumstriezels technisch gelöst, bleibt aber weiterhin ein arbeitsintensives Gebäck. Es ist auch nicht in Sicht, wie die vorbereitenden Arbeitsgänge (außer Kneten und Auswalken des Teiges) mechanisiert oder automatisiert werden können. Durch die Entwicklung obiger Geräte wird in Deutschland um ein Vielfaches mehr Baumstriezel gebacken als in unserer alten Heimat.
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Rumänien 1989 gab es die Zutaten wieder in ausreichender Menge und Qualität und so erlebte der Baumstriezel eine Renaissance. Nachdem aber die meisten Sachsen ausgewandert waren, wurde er von den Széklern propagiert und verbreitet. Über Ungarn, Tschechien (Trdelnik) verbreitete er sich bis England (chimney cake) und wird nun leider als ungarisches Gebäck bezeichnet. Der Baumstriezel ist somit zu einem kommerziellen Massenprodukt geworden. Wenn man sich heute unter dem Stichwort Baumstriezel ins Internet einloggt, muss man staunen, was sich da alles tummelt. Der Trend geht zu kleinen und kleinsten Einheiten, die kaum noch Ähnlichkeit mit dem klassischen, mit der Schere aufgeschnittenen Baumstriezel haben. Auch die Backvorrichtungen sind diesem Trend angepasst. Es gibt inzwischen umgebaute Kebab-Öfen bis hin zu professionell oder fabrikmäßig hergestellte Backöfen, mit Gas oder mit Strom beheizt. Die Walzen zur Teigaufnahme sind oft aus Metall und überwiegend mit dem Dorn zur Aufnahme in den Antrieb. Folgerichtig werden sie als Spieße bezeichnet. Ein Abstampfen ist somit nicht möglich, ist aber auch bei der oft übertriebenen Konizität der Walzen nicht notwendig. Der ausgewalkte Teig wird in Streifen geschnitten und elikoidal aufgetragen. Dieses ist ein Relikt aus der kommunistischen Zeit, als auf diese Art das Abfallen des Teiges verhindert wurde. Dass der sowieso ausgewalkte Teig als Fläche aufgetragen und geklebt werden kann, ist anscheinend nicht bekannt. Um den ausgewalkten Teig in Streifen zu schneiden, gibt es Teigschneider mit bis zu vier Schneidrollen. Es gibt aber auch Auswüchse wie das Bestreuen mit Zimt, Mandeln, Haselnüssen, Kokossplittern, Krokant, Mohn, Walnüssen, neulich sogar mit Schokolade, Käse und Schinken. Leider haben die Erfinder dieses Gebäcks vergessen ihm auch einen Namen zu geben und missbrauchen die Bezeichnung Baumstriezel dafür. Rezepte zur Teigherstellung werden meist geheim gehalten. Etwa ab 2010 begann die weltweite Verbreitung des Baumstriezels. Heute ist er in Singapur, Malaysia bis Neuseeland unter der Bezeichnung chimney cake und dank der in China gebauten Backgeräte, angekommen.
Geräte für den häuslichen Gebrauch, mit Hilfe derer in jeder Küche richtige Baumstriezel gebacken werden können, werden weiterhin angeboten. Informationen bei:
Karl-Heinz Brenndörfer, Tel: 06203-4039930
Diese basieren auf den von Martin Götz-Lurtz entwickelten Backvorrichtigen aus Hähnchengrills. Die Holzwalzen haben die Größe D=120 x 300 mm und werden aus Schichtholz gefertigt, wodurch sie leicht und sehr handlich sind. Nach über 30-jähriger Erprobung können die Holzwalzen bei Elektroheizung aus Nadelholz gefertigt werden. Die Aufnahme in die Drehvorrichtung wird jedoch aus Hartholz eingeklebt.
Zu dem Backgerät gibt es eine Ausdrehschablone um den Teig auszuwalken und aufzutragen und zu kleben, eine Drehvorrichtung um den aufgetragenen Teig weiter zu bearbeiten sowie sämtliche notwendigen Hilfen einschließlich Schere, um den fertigen Baumstriezel aufschneiden. Zu jedem Gerät gehören zwei Walzen. Während auf einer gebacken wird, kann die andere vorbereitet werden, was ein zügiges Backen ermöglicht. Anbei die Backtechnologie des Baumstriezels in der Küche anhand von Bildern. Eine Backeinweisung wird angeboten.
Unweigerlich wird man in die Lage versetzt, Personen den Baumstriezel zu erklären, die ihn bisher nicht gekannt haben. Das beigefügte Infoblatt [12 KB]
soll dabei als Hilfe dienen. Einfach kopieren und verteilen!
Karl-Heinz Brenndörfer
Zubehör und Lieferumfang
- 1. Backgerät
- 2. Tablett für Zucker
- 3. Backwalze aus Nadelholz 2x
- 4. Drehvorrichtung
- 5. Warmhaltung für Schmiergut
- 6. Ausdrehschablone
- 7. Backanleitung
- 8. Stachelwalze
- 9. Handschutz
- 10. Pinsel für Schmiergut
- 11. Pinsel für Eiweiß
- 12. Schere zum den Baumstrietzel aufzuschneiden